SAPV - Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung: Was ist das?

Spezialisiert: Ein auf die letzte Lebensphase eines Schwerstkranken spezialisiertes Team aus Ärzten und Pflegekräften, in enger Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern, steht Tag und Nacht bereit, Patientinnen und Patienten zu versorgen. Das betrifft insbesondere die Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen, die medizinische Behandlung und die Begleitung der seelischen Nöte.

Ambulant: Die Versorgung der Patienten findet zu Hause (ggf. auch im Pflegeheim oder Hospiz) statt. Ein Grund dafür ist, dass das Zuhause zentral und wichtig ist, um sich geborgen zu fühlen. Die meisten Menschen wünschen sich zu Hause sterben zu können – für die wenigsten geht dieser Wunsch in Erfüllung.

Der Begriff Palliativ leitet sich von lateinisch „pallium“ der Mantel ab und bedeutet: Pflege und Begleitung geschehen so, wie man einem Menschen einen Mantel umlegt, also sorgend, schützend, wärmend.

Am 25. Juli 2013 nahm das Hospiz- und Palliativ-Team Bayerischer Untermain seine Arbeit auf. Bis Anfang Dezember haben wir es schon ca. 100 Patienten ermöglicht zu Hause zu versterben.

An einem Beispiel möchte ich unsere Arbeit verdeutlichen:

Die Pflegeüberleitung des Klinikums Aschaffenburg fragt an, ob wir einen Patienten übernehmen können, der wegen Schmerzen immer wieder ins Klinikum kommt. Besonders an den Wochenenden, wenn der Hausarzt nicht erreichbar. Hr. A. hat Bauchspeicheldrüsenkrebs, massive Atemnot, Schmerzen. Er leidet unter Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit, Unruhe u. Appetitlosigkeit. Als wir Hr. A. besuchen möchte er nur noch in Ruhe gelassen werden. Als erstes unternehmen wir etwas gegen die Atemnot und die Schmerzen. Hr. A. bekommt solange kleine Gaben von Opiaten über eine subkutane Nadel verabreicht, bis die Atemnot soweit beseitigt ist, dass Hr. A mit uns sprechen kann. Auch die Schmerzen haben deutlich nachgelassen. In einem 2-stündigen Gespräch erzählt er von seinem Krankheitsverlauf, von Chemotherapie, Bestrahlungen, Reha-Aufenthalten und vielen Krankenhausaufenthalten. Auf keinen Fall möchte er mehr ins Krankenhaus. Er möchte in seiner gewohnten Umgebung sein und aus dem Wohnzimmerfenster in den Garten schauen. An diesem Platz möchte er auch sterben. Seine Ehefrau und 2 Töchter wollen ihm dies ermöglichen. Mit den Familienangehörigen wird ein Plan erstellt, wie Medikamente gegeben werden müssen, welche Notfallmedikamente im Haus sein sollten; welche Hilfsmittel, wie Pflegebett, Toilettenstuhl, Rollstuhl benötigt werden. Hr. A. möchte noch eine Vorsorgevollmacht für seine Frau ausstellen. Wir vermitteln eine Beratung durch die Hospizgruppe. Zur Entlastung der Ehefrau stellen wir einen Nachtwachenplan auf. Die Töchter übernehmen das Wochenende, damit Frau A. auch einige Nächte schlafen kann, kommen ehrenamtliche Hospizhelfer an zwei Tagen. Hr. A. erhält Medikamente gegen Schmerzen, Atemnot und Übelkeit.

Am nächsten Tag kommt ein Arzt oder eine Pflegekraft aus dem SAPV-Team wieder zum Hausbesuch. Es wird überprüft, ob die Medikamente gewirkt und Linderung gebracht haben. Wenn nicht wird die Medikation immer wieder angepasst bist der Patient beschwerdefrei ist. Unsere Hausbesuche bewegen sich zwischen Minimum 1x wöchentlich bis mehrmals am Tag, je nachdem wie die stabil die Situation ist. Selbstverständlich kommen wir auch in der Nacht, um Krisen zu meistern und den Angehörigen beizustehen.

Der größte Teil unserer Arbeit machen klärende, vorbereitende, informierende Gespräche mit dem Kranken und den Angehörigen aus. Immer wieder beantworten wir Fragen nach Flüssigkeit und Ernährung am Lebensende. Wir berufen Familienkonferenzen ein um alle Familienmitglieder gleichermaßen zu informieren, und um dem Sterbenden die bestmögliche Versorgung zuhause ermöglichen zu können.

 

Definition für Fachpersonal

SAPV unterstützt die ambulante Versorgung von Palliativpatienten zu Hause durch ein spezialisiertes Team aus Ärzten und Pflegefachkräften in Kooperation mit allen an der Versorgung und Unterstützung beteiligten beruflich und ehrenamtlich Tätigen (z.B. Hausarzt, Pflegekräfte, Ehrenamtliche).

Auf die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) haben gesetzlich Versicherte einen Leistungsanspruch nach §§ 37b und 132d SGB V, wenn sie unter einer unheilbaren, fortgeschrittenen und fortschreitenden Erkrankung leiden, ihre Lebenszeit dadurch limitiert wird und wenn ein besonders hoher Versorgungsaufwand besteht. Palliativpatienten und ihre Angehörigen sollen durch die SAPV  in ihren Ressourcen gestärkt und unterstützt werden.

Dieses ergänzende Versorgungsangebot wird  für Palliativpatienten mit besonders komplexen Versorgungssituationen bereit gehalten, um zu gewährleisten, dass Patienten möglichst lange zu Hause bleiben und unnötige Krankenhauseinweisungen vermieden werden können. Die SAPV ist eine zusätzliche Leistung und ergänzt die Versorgung durch Hausärzte, Fachärzte, Pflegedienste, Hospizdienste u. a.

Palliative Care Teams bestehen aus besonders qualifizierten Ärzten und Pflegefachkräften.

Das Leistungsspektrum reicht von der Beratung von Patienten, Angehörigen und an der Versorgung Beteiligten bis hin zur umfassenden und vollständigen Palliativversorgung. Sie beinhaltet - je nach Bedarf - die palliativpflegerische bzw. palliativmedizinische (Mit)behandlung sowie die Koordination der Palliativversorgung. Die SAPV ist in die bestehenden, vernetzten Versorgungsstrukturen vollständig integriert. Die Palliative Care Team werden dann tätig, wenn es aus Sicht der Primärversorger notwendig ist (Verordnung des Haus- oder Facharztes oder des Krankenhausarztes).

 

Zur Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorung (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgungs-Richtlinie / SAPV-RL